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Doppeldeutige Welten

Wie sagte der Dichter Novalis so schön? „Siehst du einen Riesen, achte auf den Stand der Sonne, ob es nicht der Schatten
eines Zwerges ist.“ Ein Phänomen, das Constantin Jaxy bestens kennt. So lässt der Bremer Künstler nun in der Ausstellung „Schattenbisse und Zeitwischer“ zu elektronischen Klängen beeindruckend große und präzise Schatten über die Wände des Stuttgarter Kunstvereins tanzen. Im Scheine kleiner, nicht reflektierender Halogenlampen erscheint der kleine Fuß eines Marktschirms plötzlich wie ein riesenhaftes Krakenwesen an der Wand, während die Miniatur eines Schuppentiers, das mit
seinem Kind auf dem Schwanz eine Liane hochklettert, an der Mauer wie eine technoide Brücke daherkommt. Ein ganzer Schwarz-Weiß-Film gar läuft dank des Scheibenwischers ab, der sich in einer ufoartigen, mit Folie bestückten Lampe dreht. Poetische Lichtskulpturen, die doppelten Boden haben. „Schatten sind wirklich und immateriell“, so Jaxy. „Meine Arbeiten sind doppeldeutig, merk-würdig. Sie kreiseln immer um Bewegung, Stillstand und Zeit.“ Der Künstler findet seine oft technisch anmutenden Schattenspiele im Alltäglichen und baut sie mit simplen Materialien wie Holz, Pappe oder Metall nach. Ein Abbild
der technisierten Welt? „Meine Motive sind bildliche und reelle Fundstücke des Lebens, die aber widersprüchlicherweise ohne Hightech funktionieren,“ sagt er. „Meine Objekte sind vor allem assoziativ, ich habe keine Riesenbotschaft. Mir geht es darum,
mit einem Minimum an Mitteln, ein Maximum an Welten zu schaffen.“

Petra Mostbacher

LIFT 02.2003