Mail-Art-Installation " Prostitution " vom 22.10. bis 20. 11. 2003 Ein Projekt von Elke
Grundmann, geb. 1955 und Sigismund Urban, geb. 1967; beide Künstler
leben und arbeiten in Berlin.
Das Inkrafttreten der neuen
Prostitutionsgesetze mit dem 01.01.2002 nahmen wir zum Anlaß, bereits
im Juni 2001 ein Mail-Art-Projekt zu eben dieser Thematik zu starten. Nicht
um einen Beitrag zur historischen Aufarbeitung zu leisten, sondern um die
momentane, subjektive Grundstimmung einzufangen.
Mail-Art, das ist international
vernetzte, visuelle Kommunikation mit Hilfe des Mediums Post.
Ihre Tradition reicht zurück
auf frühe Künstlerbriefe; zunächst gedacht als Weg aus der
Isolation, die Suche nach dem Austausch innerhalb des Künstlerkreises:
El Lissitzky, Kurt Schwitters,
John Heartfield, die DADA- und FLUXUSbewegung.
Der Durchbruch zu einer
eigenständigen Kunstform gelang jedoch erst 1962 mit der Gründung
der New York Correspondence School durch Ray Johnson. Nur eine kleine Auswahl
deutscher Mail-Art-Protagonisten wie Joseph Beuys, später Klaus Staeck
und Robert Rehfeldt sei hier zu nennen.
Inzwischen wird Mail-Art
in über 80 Ländern aller Kontinente von rund 5.000 Mail-Artisten
getragen.
Allgemeines Anliegen der
Mail-Art ist die Sensibilisierung der Wahrnehmung von Mißständen,
das Brechen gewohnter Seh- und Sichtweisen, Engagement, Veränderung
und Bewegung durch visuelle Kommunikation. Ihr ästhetischer Wert liegt
in der kommunikativen Effizienz übermittelter Ideen.
Die einzelnen Beiträge
eines Mail-Art-Projektes sind die Pigmente eines Bildes, die jedoch nicht
durch ein unsichtbares Bindemittel zusammengehalten, sondern durch einen
immateriellen Binder, nämlich das Netzwerk, gehalten werden und im
Gegensatz zum klassischen Bild (für die Wand) die Mail erst zur Art
werden läßt. Mail-Art als Reflexion sozialer und politischer
Realität, ideales Medium brisanter, global relevanter Problematik
- als geradezu prädestiniert für unser Vorhaben.
Die Resonanz war dann auch
überraschend groß: 416 Teilnehmer mit 726 Beiträgen aus
36 Ländern der Welt. Klischees wurden sensibel und differenziert hinterfragt.
Wer prostituiert sich und wer eigentlich nicht? Die Grenzen sind fließend,
klare Abgrenzungen schwierig und vielleicht deshalb Ursache gesellschaftlicher
Ausgrenzungen? Noch immer wird Prostitution kriminalisiert, mit Menschenhandel
und Kinderprostitution in Verbindung gebracht. Doch Freiheitsberaubung
und Vergewaltigung sind Straftaten die nicht jenen Männern und Frauen
zur Last gelegt werden können, die ihren Beruf frei und freiwillig
ausüben. So positiv die ersten Schritte der Gesetzesänderungen
auch zu werten sind, darüberhinaus muß in den einzelnen Köpfen
ein Umdenken erfolgen, muß für Respekt und gesellschaftliche
Anerkennung geworben werden, damit in unser aller Interesse Gewalt und
Kriminalität im Berufsalltag der Prostitituierten keinen Platz mehr
finden.
Die Mail-Art-Installation
wird vom 22.10.-20.11.2003 in den Räumen des Stuttgarter Kunstvereins
gezeigt.
Die von uns zur Ausstellung
angestrebte Dokumentation, wofür jedoch bislang keine finanziellen
Mittel bewilligt worden sind, sollte dazu dienen eine größtmögliche
Öffentlichkeit zu erreichen.
Das Projekt versteht sich
als Angebot zur Beteiligung aller sich angesprochen fühlenden Institutionen
oder Gruppen bzw. Einzelpersonen. Dieser Synergieeffekt dürfte unseres
Erachtens auch im Interesse der Betroffenen sein, da es langfristig gesehen
durchaus eine Investition zur Imageverbesserung darstellen könnte.
Für Unterstützung
wären wir daher sehr dankbar. Spenden erbitten wir auf das Konto des
Stuttgarter Kunstvereins zum Stichwort "Prostitution".