Mkrtich Tonoyan, Jahrgang 1974,
hat als junger Kunststudent den Krieg um Berg-Karabach miterlebt und in
den Kämpfen viele seiner Freunde und Künstlerkollegen verloren.
Ausgangspunkt des Konflikts waren damals ethnische Säuberungen in
dem zu 90 Prozent armenisch bewohnten Gebiet durch die noch sowjetisch
strukturierte aserbeidschanische Obrigkeit während der Perestroika.
Als Bildhauer undmit seinen konzeptuellen und performativen Installationen
und Objekten fließen Reflexionen dieser dunklen Phase des neuen unabhängigen
Armeniens ein, die er in den heutigen Kampf um eine zivile Alltagskultur
einfließen lässt, und deren Grausamkeit er offen benennt.
Faszinierend am Werk und an der Persönlichkeit
von Mkrtich Tonoyan ist das erkennbare existentielle Ringen um Wahrhaftigkeit
menschlichen Zusammenlebens, das eine militärische Perspektive ständig
hinterfragt, obwohl er das gesellschaftlich als grundlegend empfundene
Pathos letzterer häufig zum Ausgangspunkt macht.
Subtile groteske Brechungen zielen auf
eine unabhängige Reflexion des spirituellen Wertes gesellschaftlichen
Handelns, die militärische Logik dient als absolutistische Folie eines
politisch/kulturellen Anspruchs.
Diese Perspektive erscheint einem oberflächlichen
europäischen Pazifismus zunächst möglicherweise erschreckend,
aber als Dokument zeitgenössisch künstlerischen Handelns in einem
Land, das auf eine Jahrhunderte lange Tradition von Unterdrückung
und Diaspora zurückblickt und jetzt mit einem neu erworbenen Nationalstolz
mit allen Nebeneffekten der reaktionären Übertreibung zu tun
hat, stellt die Tiefe der bildnerischen Auseinandersetzung von Mkrtich
Tonoyan unseres Erachtens eine äußerst spannende aktuelle Position
dar.